Wohmodellfall Schweiz
„Manche Leistung verrät ein Handwerk der geübten und gekonnten Art, selten entsteht ein echter Schmarrn, aber die Zukunft wird sich schwerlich aus den Leistungen summieren, die mehr über ihre Limiten als über ihre Libido auszusprechen vermögen.“ Mit diesen Worten rechnete der Schweizer Kunsthistoriker Kurt W. Forster 1997 mit der Architektur in seiner Heimat ab. Trotz der fehlenden Libido und wohl gerade wegen der Limiten: Die Schweizer Architektur ist weltweit angesehen, besonders auf den Wohnungsbau des Landes richten sich die neidischen Blicke von außen. Wer eine Erklärung für die architektonische Qualität im Alpenland sucht, der findet sie schnell im Geld: Die Schweiz ist reich. Aber es gibt noch andere Gründe, zum Beispiel die folgenden sieben:
Die Behörden fördern gute Wohnbauten
Zürich gehört zu den beliebtesten Städten der Welt, darum herrscht hier Wohnungsknappheit. Zu Beginn des Jahrtausends betrug die Leerwohnungsquote weniger als ein Promille, keine 150 Wohnungen standen leer. Vor allem große Wohnungen fehlten und fehlen noch immer: Viele Familien verlassen die Stadt ins billigere Umland und leisten damit einen Beitrag zur fortschreitenden Zersiedelung des Landes. Die Stadtregierung fördert seit 1998 den Wohnungsbau und machte Zürich damit zum Brennpunkt des Schweizer Wohnungsbaus. Die Baugenossenschaften erhalten städtische Grundstücke im Baurecht, um dort Häuser oder Siedlungen mit Familienwohnungen zu bauen.
Auch junge Architektinnen und Architekten kommen zum Zug
Im Gegenzug müssen die Genossenschaften Architekturwettbewerbe durchführen, meist beschränkte Verfahren, zu denen aber auch junge Büros eingeladen werden. So entstanden und entstehen in Zürich eine ganze Reihe von Wohnbauten, die für ihre Architektinnen und Architekten oftmals der erste größere Auftrag sind, z. B. die Siedlung Hegianwandweg von EM2N (Abb. 2), die Siedlung Leimbach von Pool Architekten (Abb. 1) oder, momentan im Entstehen, die Siedlung A-Park von Baumann Roserens, der Wohnungsbau Grünwald, genannt „Ringling“, von Schneider Studer Primas und viele mehr. Eine Voraussetzung dafür ist, dass diese Jungen auch bauen können, wofür ihre Ausbildung sorgt. Besonders an den beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Lausanne und Zürich, seit einigen Jahren aber auch an der neuen Accademia di architettura in Mendrisio, lernen die Studierenden nicht nur konzeptionell zu denken, sondern auch die bauliche Umsetzung ihrer Ideen. ...
Axel Simon
Volltext siehe Katalog
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| Abb. 1 Wohnüberbauung Leimbachstrasse, Zürich; Pool Architekten; Foto: © Andrea Helbling/arazebra, Zürich |
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| Abb. 2 Hegianwandweg Wohnbau, Zürich; EM2N, Mathias Müller, Daniel Niggli; Foto: © Hannes Henz, Zürich // Abb. 3 MFH Wiesenstrasse Winterthur; Knapkiewicz & Fickert; Foto: © Heinrich Helfenstein, Zürich |

